Donnerstag, 1. September 2011

Gewaltfreie Kommunikation

WOW...Kennt ihr Gewaltfreie Kommunikation von Marshall B. Rosenberg? Bin über nen Kumpel darauf gestoßen. Bei mir ist wie ne Tür aufgegangen. Der Typ ist Psychologe und hat sein halbes Leben in der Konfliktbewältigung zugebracht. Anhand seiner Erfahrungen hat er eine Art der Kommunikation entworfen mit der man mit einfachen Mitteln auch schwierige Situationenlösen kann. Jedenfalls habe ich in meinem letzten Einsatz die Methode mal ausprobiert.

Es war mal wieder der berüchtigte "Psychische Ausnahmesituation" -Einsatz. Ne junge Dame völlig agitiert, schrie rum, warf mit Gegenständen nach ihrer Mutter. Hatte schon mehrere Scheiben eingeschlagen. "Was willst Du denn du Arsch" oder so ähnlich war die Begrüssung unterbrochen mit Schimpftiraden gegen die Mutter, sowie weiterer fliegender Gegenstände.
Akute Fremdgefährdung...

Normalerweise hätten wir auf die Polizei gewartet, dann 5 Mann drauf, Flexüle rein und Träume suess, aber diesmal nicht... Ich hab mich dann also hingesetzt und die Methode nach Rosenberg mit ihr ausprobiert. Das Prinzip beruht darauf eine empatische Verbindung zum Gegenüber aufzubauen durch Zuhören und spiegeln der Emotionen. Es ist mir zu kompliziert die Methode trotz einfacher Durchführbarkeit hier zu erklären, wer das wissen will, kann sich im Internet schlau machen. Entscheidend ist der krasse Erfolg den ich hatte. Ich habe es innerhalb von 45 Minuten geschafft, ohne jegliche Unterstützung von außen oder Medikamenten, die Dame dazu zu bewegen mir ihre halbe Lebensgeschichte zu erzählen und außerdem freiwillig mitzukommen in die Psychiatrie um sich helfen zu lassen. Verblüffend! Eine Bereicherung!

Kurze Zeit später hatte ich den selben Erfolg bei einer anderen Patientin, mit der ich eine paar Wochen zuvor überhaupt nicht klar kam. Andere Situation, in der Klinik bei der Aufnahme, ich brauchte für die Anamnese, für die ich sonst vielleicht 10 min benötige 1,5h. Und danach waren sowohl ich als auch die Patientin stinksauer. Ich hab sie dann abgegeben um von den Kollegen zu hören, ja die is schwierig, hat ein psychisches Problem, aber auch schwerer Verlauf...
Jedenfalls ist sie dann durch Zufall wieder in meinem Dunstkreis gelandet und ich hatte mir vorgenommen den Schnitzer auszubügeln. Und schwups nach erneuten 1,5h Rosenbergscher Kommunikation hatte sie Vertrauen und akzeptierte mich sogar als ihren Ansprechpartner während ihres stationären Aufenthaltes. Verblüffend. Ich kann nur jedem Arzt, der mit Patienten etwas zu tun hat raten, sich diese GEWALTFREIE KOMMUNIKATION von Marshall B. Rosenberg anzukucken. Würde unser aller Therapie sicherlich verbessern.

Mittwoch, 18. Mai 2011

Staatsakt wider Willen

Tag. War ne Weile weg, aber heute gibts mal wider ne Geschichte aus der ärztlichen Realität. Es hat sich persönlich einiges geändert, aber das ist eher Stoff für nen eigenen Blog. Nur soviel, ich bin endlich meine Ambulanzstelle losgeworden, dewegen müßte man eigentlich den Blog umbennen, aber das ist glaube ich ein zu großer Akt...

Aber meine Notarzttätigkeit liefert weiterhin Stoff für lustige, spannende und traurige Geschichten aus dem deutschen Gesundheitswesen. Die heutige hat eher das Label unglaublich verdient ist aber bis auf wenige Datenschutzteile tatsächlich authentisch und so erlebt worden...



PIEP,PIEP,PIEP...häh? Ahhh Notarztdienst mit einem geöffneten Auge schaut DoctorX auf sein Uhr. "Uhrzeit 23:30 Einsatzort Polizeiwache zur Feststellung Suizidalität. " krächzt der Funkpieper.
Toll... wieder einmal soll DoctorX in 10 min ein Gutachten über die Geistige Gesundheit einer Person und damit über ihren weiteren Werdegang in den nächsten Wochen entscheiden. Also, los mit Blaulicht zur Polizeiwache, dort ist für diese Uhrzeit verdächtig viel los !?
Wir laufen erstmal gemütlich an der Sperre im Eingang vorbei, freunliche Nickbewegungen zu den anwesenden Beamten, auch Händeschüttlen mit einzelnen werden ausgetauscht. Man kennt und schätzt sich...muss ja auch oft genug zusammen arbeiten, zu Unzeiten und unter zum Teil hahebüchenen Bedingungen, auch wenns manchmal, wie überall, auch dort komplizierte und auch bösartige Persönlichenkeiten gibt.
Ziemlich viele neue Gesichter vor allem in Zivilklamotten stehen auf dem Gang rum. Ne flotte Zivile mit ner Pistole am Gürtel und wehendem vollen Haar winkt DoctorX zu einem der Räume..wie sexy Frauen mit Waffen doch sind, hmmm auf welche machismen Gedanken das schlaftrunkene Hirn doch um die Uhrzeit kommt, aber zurück zur Sache.
Ich sehe zum erstenmal meinen zukünftigen Patienten. Ein junger Mann, Kurzhaarschnitt, sieht vernünftig aus, keine äußerlichen Anzeichen für psychischen Streß, sitzt da mit drei zivilen Beamten und sie unterhalten sich über Frauen. Erste Gesprächsfetzen zeigen erste Zeichen auf worums geht. Ich hör gerade noch wie einer der Polizisten sein Beileid über die bescheuerte Freundin des Delinquenten abläßt, dann stellt mich meine fesche Begleiterin diesem vor.
Ich stell mich ebenfalls nochmal vor, Händeschütteln erster Kontakt mit dem Patienten, fester Händedruck, Gesicht öffnet sich, Hoffnung und auch ein bissl Angst im Gesicht meines zukünftigen "Schäfchens".

Ich lasse mir die Situation schildern: Mein Patient, ehemaliger Zeitsoldat, ist viel unterwegs aus Arbeitsgründen. Hat Streß mit der Freundin, die üblichen Probleme: sie will mehr, er kann oder will nicht, also setzt sie ihm ne Frist, die er verstreichen läßt und sie "schießt" ihn ab. Er merkt dass er sie doch liebt, "Zug ist allerdings abgefahren" und sie wirft ihn raus. Er packt seine Sachen (wichtige Details sind hier eine Sammlung unterschiedlicher Nahkampfwaffen und eine Übungsgranate der Bundeswehr, die allerdings nicht mehr scharf ist) und fährt mit seinem Auto los. Man fängt an die Sache per SMS weiter zu bearbeiten. Die Emotionen kochen hoch, er droht mit Suizid. Sie kriegt Angst und ruft die Polizei an. Soweit so gut. Und hier bekommt die Sache die falsche Wendung. Die Suchaktion der Polizei beginnt eher langsam, ein Polizist recherchiert nicht sehr genau das ganze läuft noch auf der untersten Polizei Ebene ab. Nachdem es nicht gelingt den Patienten zu lokalisieren wird nach Stunden eine Handyortung durchgeführt. Diese ergibt dass der Gesucht sich gerade auf einer Strße befindet die zufällig in den Wohnort eines sehr hochdotierten Landespolitiker fürt. Der Adrenalinpegel steigt und die Sache wird an den höheren Dienstgrad weitergegeben, allerdings fehlt ein kleines aber feines Detail über den Zustand der Granate. Die Stimmung in der Wache kocht über, Granate plus Politiker gleich Terror heißt die Formel und jetzt wirds utopisch. Man ruft das SEK und einen Hubschrauber, der Delinquent, der nichts ahnt wird von einem Einsatzteam actionmäßig gestoppt (in den Lauf einer Waffe zu starren ist für den jungen Mann wegen seiner BW-Karriere zwar nicht so schockig, Ziel eines SEK-Einsatzes zu sein nimmt ihn allerdings doch ein wenig mit). Im Nachhinein wird festgestellt, das der junge Mann kein Terrorist ist und nach einigen Stunden Bürokram (es ist mittlerweile der Folgeabend) ruft man mich zum Entscheid über den weiteren Verbleib des Patienten...
Und wiedereinmal muss ich darufhinweisen, dass ich als Notarzt in keinster Weise befähigt oder ausgebildet bin über die mögliche geistige Stabilität des Patienten zu entscheiden. So rufe ich also wie immer in dieser Situation, nachdem die gewisse Eigen- und Fremdgefährdung nun sogar amtlich dokumentiert ist in der benachbarten Psychiatrie an und bitte um eine Stellungsnahme der dafür asugebildeten Kollegen. Und wie immer kommt der diensthabende mir erst mal blöd, und meint nach einigen Minuten Diskutiererei O-Ton- im Sinne von "wie... sie können nicht entscheiden ob der Patient stabil ist in 30 min Unterhaltung" (...was die Kollegen dort manchmal in wochenlanger Unterhaltung mit dem Patienten nicht rauskriegen). "Aber ja wenn Sie es sich nicht zutrauen, dann kommen sie halt mit dem Patienten vorbei".

Gut, gesagt getan, wir fahren mit polizeilicher Unterstützung in das entsprechende Klinikum, wo mir dann der Kollege (dersselbe mit dem ich telefoniert hatte) mitteilt, er sei kein Facharzt und damit nicht befugt eine Entscheidung bezüglich des Patienten zu treffen und muesse ihn daher aufnehmen. Aha...wie war das noch gleich vorhin...egal...

Ich verabscheide mich noch von dem Patienten, auf der Fahrt hatten wir uns noch nett unterhalten auch mit dem Polizisten, ein ebenfalls sehr netter Mensch, wünsche ihm alles Gute und wir fahren nach Hause.

Sonntag, 21. Februar 2010

Schamanismus für alle, oder das Geschäft mit der Angst

Hallöchen. Heute möchte ich über die Thematik Schamanismus in der Medizin reden. Ist Ihnen aufgefallen, dass in der letzten Zeit die sogenannten Igel-Leistungen in der Medizin fast explodieren. Ich bin zufällig Mitglied in einem dieser bekannten sozialen Netzwerke im Internet, die ebenfalls gerade einen Boom erleben. Hier wurde ich von, sage und schreibe, sieben Anbietern einer neuartigen Therapie eingeladen, von der ich a) bisher noch nie etwas gehört habe und b)die absolute Wunder verspricht. Die Namen dieser Therapien will ich hier nicht nennen, aber ich frage mich dann doch, woher der Markt kommt diese anzubieten.

Anscheinend sind die Patienten heutzutage so unzufrieden mit der "normalen " Schulmedizin, dass dieser Boom an Alternativen einen entsprechenden Nährboden findet. Spannend ist vorallem, dass diesselben Patienten die bei uns sich ueber 10 EUR Praxisgebuehr mokieren, dort hunderte von Euros lassen. Woher kommt dieser Trend?

Liegt es daran, dass die Arztfrquentierung mittlerweile pro Patient bei ca 18 Besuchen/Jahr liegt und daher der durchschnitttliche Arzt 3 Minuten pro Patientenbesuch Zeit hat. Wenn er allerdings eine IGEl-Leistung anbietet, dann kann er sich Zeit lassen. Warum hat diese Frequenz der IGEL-Leistungen, so zugenommen? An zunehmender Krankheit kann es nicht liegen, wir sind laut Statistik so gesund wie noch nie und werden auch so alt wie noch nie.

Hier meine Meinung: Der durchschnittliche Patient vor ca 50 Jahren ohne Internet, mit somatischem Krankheitsbild erwartete von " seinem" Arzt drei Dinge wuerde ich sagen: Verständnis, Therapie und Beratung. Was erwartet er heut? Diesselben Dinge.

Was hat sich also verändert..? Nun, viele Dinge werden mittlerweile ziemlich detailgetreu im Internet wiedergegeben. Und der unversierte Laie nutzt diese Information natürlich, ist ja sein gutes Recht, allerdings ohne den notwendigen Filter. Ich erinnere mich noch gut an die Studienzeit in der ich bei jedem neugelernten Krankheitsbild die entsprechenden Symptome sofort an meinem Körper erkennen konnte. Auch meine Kommilitonen mußten diesen Zustand in großer oder kleiner Ausprägung durchmachen. Harte Zeit. Aber wie sagte mein alter Professor immer, häufig ist häufig und selten ist selten. Bei uns findest du also eher ein Pferd auf dem Feld als ein Zebra. Und genauso ist es auch mit den Krankheiten.

So jetzt kommen wir zu der heutigen Situation. Vor 50 Jahren hatte keiner ne Ahnung und ging deshalb zum Arzt damit dieser ihm sagt: Mein Herr ihr Husten ist nach reiflicher Überlegung und in Anbetracht ihrer Vorgeschichte und ihrer Lebensumstände mit relativer Wahrscheinlichkeit eine Erkältung. Das heißt der Arzt war Spezialist aufgrund seines Wissens und wurde konfrontiert um dieses kundzutun und eventuell eine Therapie einzuleiten, wenn möglich.

Heute kommt ein Patient zum Arzt und sagt Herr Doktor ich habe Husten der Nachts schlimmter ist als tagsüber, Fieberschübe bis 39°C, blutigen Sekretfluss aus der Nase und mein Nachbar war gerade in Thailand ich muss Hanta oder Ebola haben oder Krebs und brauche unbedingt das neue Medikatment von ...(etwas übertrieben, einige werden lachen, aber so oder ähnliche Geschichten hört man tatsächlich in der Notfallambulanz. Die pure Angst und Angst ist ziemlich unlogisch.)

Was ist also hier passiert und was erwartet der Patient. Passiert ist folgendes: Unser Patient hat sich informiert. Schon mal nicht schlecht, aber ihm ist das Gleiche passiert wie mir im Studium, man reiht Symptome aneinander und schon landet man bei einer Haarsträubenden Diagnose.
Nun beginnt sich der Teufelskreis zu drehen. Ohne die Info hätte der Patient vielleicht dasselbe gemacht wie früher: Bett legen, Fieber senken, feuchte Inhalationen und Schwitzen unnd wenns nicht besser wird, geht man zu seinem Arzt. Aber das kann der heutige Mensch nicht mehr mit ner Diagnose im Kopf die einem den qualvollen Tod in ca. 10 min verspricht. Also rennt er panisch in die Notfallambulanz. Stichwort Angst.

Und überall sieht man Zeichen, oder Information die diese Angst schuert. Die Apothekenzeitschrift, einschlägige Illustrierte, das abendliche TV-Programm. Grauenhaft, welch gefährliches Halbwissen hier vermittelt wird und welche Lösungen hier angeboten werden. Nichts anderes bei den niedergelassenen Ärzten aber auch in den Krankenhäusern. Zellregulationstherapien, Pendeltherapien nur um einige herauszusuchen, das Internet ist voll davon.

Das Problem liegt darin, dass die Leute für ihr Heil, für diese Generalablässe der Medizin, nur Geld ausgeben muessen und nicht wie der böse Schulmediziner immer predigt auf eine ausreichende und ausgewogene Ernährung zu achten, damit auf das Gewicht, den Konsum von Spaßmachenden Dingen einzuschränken usw. also ihr Leben umstellen muessen. Gemeint sind die ganzen Wohlstandskrankheiten, die mittlerweile einen ordentlichen Anteil der Arztbesuche ausmachen. Und sein Leben wirklich umstellen ist anstrengend. Und das macht auch keiner, kennt man ja von sich selbst, mal ehrlich ein paar Pfunde weniger wären schön, aber keine Zeit zum Sport und nach der schweren Arbeit muss man sich schon belohnen, man hat ja sonst nichts vom Leben.

Jedenfalls kommt dann, sobald man hier ein Zwacken oder Zwicken hat die Angst ins Spiel. Und diese wird dann fleißig genährt durch unsere multimediale Welt. Haben wir verlernt unseren gesunden Menschenverstand zu benützen? Und die Angst ist groß. Da kommen Leute mit Schnittwunden in die Notfallambulanz, da hätte meine Oma vor 15 Jahren noch nicht mal ein Pflaster draufgetan. Fast immer kommt hier der Kommentar : Ich hatte Angst und wollte nochmal einen Arzt daraufkucken lassen. Ich hatte sogar eine Mutter mit Kind in der Notfallambulanz, die allen ernstes fragte, ob eine Blase an der Ferse, die das Kind nach Wandern über 5 Stunden in neuen Wanderschuhen hatte, Krebs sein könnte. Aber was ist die Lösung? Noch mehr Leistungen, die uns vor Krankheiten schützen sollen, die noch gar nicht existieren? Ich weiss es nicht...

Dienstag, 7. Juli 2009

Das doppelte Lottchen? oder wie zeig ichs dem deutschen Gesundheitssystem

PIEP, PIEP, PIEP, wieder einmal treffend zum richtigen Zeitpunkt beginnt der Pieper seine Arbeit, ich lasse mein gerade lecker geschmiertes Brötchen fallen, werfe mich in die besagte Jacke und schlendere schnellen Schrittes Richtung NEF.
Tja... NEF ist nicht da. Kennt man schon, wahrscheinlich "Auffüllen" oder sonstige "Maßnahmen".
Nach ca. einer halben Minute kommt der Kutscher angerast. Es ist der "schweigsame Hans" ich nenn ihn so, weil eine Kommunikation während der Fahrt oder auch sonst auf absolut rudimentärem Niveau verläuft. Ich steige ein und Hans funkt erst mal alle Daten rein. Nachdem alles durchgegeben wurde kuckt er mich an und sagt:...Versteh ich nicht, da waren wir doch heute morgen schon, und die haben wir mitgenommen." Eine ungewöhlich lange Aussage vom schweigsaamen Hans. Ich kuck mir die Adresse und den Namen an und stimmt... komplett vom Namen bis zur Hausnummer, dieselben Daten. Vornamen gibts nicht.
Einsatzmeldung: "Bewußtlose Person"
"Vielleicht haben die Internisten sie heimgeschickt und sie hat sichs anders überlegt oder der Mann hat jetzt noch was und wir muessen ihn holen..." überlege ich so laut vor mich hin. Schukterzucken vom schweigsamen Hans.
4 Minuten später vor Ort. Wohnblock, sozialschwache Gegend, Arbeitslose mit Bierflaschen (es ist gerade mal 9 uhr morgens), also wieder einmal der soziale Brennpunkt, fremdstämmige "Deutsche mit "Integrationsschwäche" (den Begriff habe ich vor kurzem in einem einschlägigen Politmagazin gelesen), aber auch Hartz IV- Empfänger sonstiger Couleur oder sozialschwache Familien am Lebensminimum wohnen hier.
Wir werden auch gleich winkend von einer jungen Frau begrüst, die mit Accent uns darauf hin weist, dass es ihrer Mutter schlecht geht und sie aber einen Schlüssel zur Wohnung hat. Wir eilen durch enge Flure in den 3.Stock, die Frau sperrt die Wohnungstür auf und....
Keine Reaktion.
Wir eilen durch alle Räume keine Patientin vor Ort. Hmmmmm.
Ich frage dann doch nochmal nach wer denn den Notruf ausgelöst habe. Sie selbst meint die junge Frau. Ob sie den mit Ihrer Mutter gesprochen habe. Nein, diese sei gar nicht ans Telefon gegangen....
Jetzt kommt auch der schweigsame Hans und erklärt, dass die Patientin am Morgen bereits den Rettungsdienst gerufen und von diesem in der Notfallambulanz abgeliefert worden war.
Super. Ca. 500 EURO des Steurerzahlers für nichts.
ich will auch gar nicht wissen wie oft solche Fälle in unserem schönen Lande passieren. Anstatt das die Leute
a) überhaupt erst mal nachdenken bevor sie den Notarzt anrufen und
b) der Leitstellendisponent bevor er einen Einsatz auslöst vielleicht soviel mitbekommt, dass 2 Stunden bzw. wenige Einsätze zuvor derselbe Patient betroffen ist und anständigt rückfragt.

Wer ist schuld? Who knows.

Zum selben Thema vor kurzem privat selbst erlebt:

Wir saßen am Wochenende abends draußen auf einer Mauer in der Ausgehzone unserer Stadt, da kamen ein Mädel und ein Typ ca 13-15 Jahre alt mit einer gleichaltrigen in der Mitte diese sturzbetrunken aber noch halbwegs gehfähig. Die beiden laden die junge Dame gegenüber auf einer Bank ab. Das Mädel ist so betrunken, dass es gleichmal aus dem Stand "sich seine letzten Getränke noch einmal durch den Kopf gehen läßt". Danach fängt sie an zu heulen.
Die beiden etwas ratlosen Begleiter besprechen sich kurz und dann zückt der Typ sein Handy.
ich schubs meinene Nachbarn an und zeig darauf und sach noch zu ihm: pass ma auf die rufen jetzt den Rettungsdienst. Dann setzen die drei sich hin und warten, derweil rafft sich das betrunkene Mädel wieder auf und torkelt weiter. Die beiden anderen hinterher. Kurze Zeit nachdem die drei außer Sicht sind, taucht der RTW auf und zwei ratlose Sanis kucken sich an besagter Stelle um. Nachdem wir sie in die Richtung gwiesen haben in der die drei verschwunden sind, versuchen sich die Sanis mit ihrem RTW mit Blaulicht durch die Menschenmassen vorzuarbeiten. Zehn Minuten später kommt der RTW erneut zurück, hält nochmal, die Jungs bedanken sich und meinen dass sie keinen gefunden haben.
Frechheit...Warum ist sowas möglich. Das ist die totale Geldverschwendung. Und wenn man sich in der Notfallambulanz umkuckt, sind diese Jugendlichen mit Alkoholvergiftung keine Seltenheit.

Da frage ich mich mal abgesehen von der Lästigkeit dieser Patienten dann doch, warum diese Fälle immer mehr zunehmen. Wenn wir früher losgezogen sind und auch wirklich mal einen über den Durst getrunken hatten, dann schlief man zuhause den Rausch aus und schleppte seine Leute doch nicht in die Notfallambulanz! Was hat sich verändert? Ist es die Angst, die durch die Medien verbreitet wird? Oder was ist die Ursache für die Zunahme dieser Fälle.
Ich hätte mich in Grund und Boden geschämt, wenn mich meine Eltern in der Notfallambulanz jemals wegen eines Rausches hätten abholen muessen und hätte dies auch keinem meiner Leute zugemutet. Dann hat man sich halt daneben gesetzt und den- oder diejenigen ausgenüchtert.
Das die Notfallambulanz ne schnelle Möglichkeit ist, die Verantwortung abzugeben ist eine weitere Möglichkeit. Freund- oder Freundin ab in die Notfallambulanz und schon gehts weiter mit der fetten Party. Un das gute ist, du mußt ihn auch gar nicht hinbringen, Taxidienst inklusive und das alles für nur 10 EURO. Falls du befreit bist, da sogar für umsonst!

Montag, 15. Juni 2009

Notarzteinsatz mit Überraschungseffekt

Es ist ca. 14 Uhr an einem ganz normalen Arbeitstag. Seit kurzem habe ich die Ehre von Zeit zu Zeit tagsüber "Träger des Notarztpiepers" sein zu dürfen.

Unser kleines Krankenhaus muss nämlich die notärztliche Versorgung in seinem Landkreis sicherstellen. Und wie solls auch anders sein, auch bei uns macht sich der Ärztemangel breit.
Da wir ein Haus der Grund- und Regelversorgung sind, bleiben bei uns die Ausbildungsassistenten nicht lange genug um überhaupt die Notarztqualifikation zu erwerben (Halbwertszeit eines Assistenten ca. 3 Jahre, danach hauen alle meistens ab). Deshalb gerät die notärztliche Versorgung immer mehr in eine Schieflage, da nur die Altassistenten und Fachärzte den Notarztdienst übernehmen können (eigentlich sollen diese operieren oder im internistischen Falle ihre Funktionsdiagnostik oder Interventionen durchführen).
Naja auf jeden Fall gehörte ich bis vor kurzem auch noch zu denen ohne Qualifikation. Verschuldet war dies durch die Umstände, dass man eben auf bestimmte Abschnitte der Ausbildung warten muss (Stichwort ITS-Zeit) oder schlicht und einfach kein Geld hat um den Kurs zu bezahlen(560 EURO) oder keinen Urlaub mehr hat (7 Tage Kurszeit).
Man könnte nun ketzerisch die Frage stellen, wenn doch das Haus den Sicherstellungsauftrag hat und möchte auch viele Notärzte ausbilden, um diesen Auftrag zu erfüllen, dann könnte doch eine umsichtig planende Verwaltung diverse Schwierigkeiten von sich aus beseitigen (siehe oben).
Ich denke da an strukturierte Ausbildung (vielleicht ein Rotationsplan) oder an ein, "das Haus bezahlt den Kurs", oder vielleicht ein "wir stellen sie für den Kurs frei". Aber nein, man spart am Geld ("den sie profitieren ja wenn sie den Kurs haben, dann können sie ja mit der Qualifikation Geld verdienen!"), an der Zeit ("sie haben 5 Tage Fortbildungsfrei, bisher haben alle immmer zwei Tage für den Kurs gekriegt, den Rest nehmen sie bitte Urlaub!") und am Ende tritt man auch noch 3/4 der Kohle ans Haus ab, wenn man dann tagsüber Notarzt fährt...
Und dann wundert man sich tatsächlich, dass sich die Leute nicht sofort auf den Kurs stürzen und ihn absolvieren...tststs. Aber ich schweife vom Thema ab.

Wo war ich... ach ja: PIEP, PIEP, PIEP: Einsatzmeldung: V.a. Schlaganfall

Ich stürme also voller Elan zum NEF, bewaffnet mit der "NOTARZT"Jacke. Mein heutiger Fahrer, im Rettungsdienstslang heißt er der "NEF-Kutscher", erwartet mich mit dem Spruch "Ruhig Brauner..." und startet den Motor. Ihn mag ich persönlich wirklich gerne, da er gleich mehrere Eigenschaften in sich vereint:
Penibelste Genauigkeit, gepaart mit einem Schandmaul, dass schonungslos auf jede kleinste Fehlleistung irgendeiner Art bei den Rettungsdienstlern, aber auch bei den Notärzten hinweist, dabei aber ein unheimlich gutes Gespür für die Situation hat und eine gesunden Portion ätzender Humor (.... und er hört gute Musik).

Wir fahren los, ganz in die Nähe vom Krankenhaus. Im Geiste gehe ich noch einmal Diagnostik und die Richtlinien für das Procedere Schlaganfall mit Lyse durch. Ca 2 min später, hiefen wir uns aus dem Auto, der RTW ist noch nicht vor Ort, wir nehmen also zur Sicherheit erstmal die notwendigsten Sachen mit.
Hmmm, erster Blick in die Umgebung: Unterschicht, merhstöckige Sozialwohnungen, mehrere Personen mit Bierflaschen, die rauchend in der Gegend rumhängen. Mein Kumpel im Osten würde dies wahrscheinlich alles unter "Platte" zusammenfassen (obwohl die Wohnungen in den sanierten "Platten" nicht schlecht sein sollen...) .
Mein Fahrer hält mir Handschuhe hin, "hier die brauchste hier sicherlich".
Wir gehen also ins Gebäude - 5. Stock.
Fahrer: " ich wette auf über 100 Kilo". Ich nicke nur.
(Kenn ich von früher, als ich selbst noch als Sani, mehr als 150 kg Lebendgewicht, per Tragestuhl in einem Treppenhaus mit Radius unter 1m, die Leutchen ins Auto geschleppt habe. Scheint so eine Gesetzmäßigkeit zu sein. "Das Körpergewicht der zu tragenden Person steigt proportional zur Höhe der bewohnten Etage.")
Wir sind angekommen und klopfen. Eine besorgt aussehende ältere Dame öffnet die Tür. Ein hüfthoher Hund flutscht durch den offenen Spalt, die Frau schickt ihren Mann hinter dem Hund her. "Edgar (Namen verändert)! Geh mal dem Hund hinterher!"
Ich schüttel der Frau die Hand, stell mich vor und frag sie worum es geht. Die Frau führt mich ins Wohnzimmer. Schon im Flur fällt mir die Unordnung, die abgestandene Luft und der insgesamt verlotterte Zustand der Wohnung auf. Ein Blick zum NEF-Kutscher wird vielsagend mit Gestik Richtung Handschuh erwidert. Wir stapfen hinter der Frau her.

In der Wohnung sitzt eine Dame mittleren Alters im Nachthemd auf der Couch, die, so bald sie mich sieht, sofort den Kopf schüttelt und sagt: "Ohhh nee, was wird den das nun hier?"
Das Wohnzimmer sieht aus wie nach einem Sturm durch eine SEK-Einheit. Überall liegen Zeitschriften, leere Verpackungen von Essen, Hundefutterschachteln, und sonstige Dinge herum. Die Läden sind heruntergelassen, Schubladen stehen offen, Post liegt herum und in der Wohnung steht die abgestandene Luft(Gott sei Dank stinkt es nicht...). Der Fernseher läuft, irgendso eine Telenovella in wahnsinniger Laustärke.
Die erste ältere Dame stellt sich als die Mutter der zweiten Dame heraus. Diese hatte uns auch telefonisch alarmiert, da sie Angst um ihre Tochter gekriegt hatte, wegen eines möglichen Schlaganfalles.
Nachdem ich es tatsächlich geschafft habe, um überhaupt etwas zu verstehen, zunächst das Fernsehen leisermachen zu lassen, ausschalten war keine Option, und die Dame ganz grob auf ihre Vitalparameter einschließlich ihrer Vigilanz untersucht habe (das tolerierte sie seltsamerweise...), komme ich zu dem Schluss zuerst einmal ausführlich außerhalb des Raumes mit der "Mutter" zu sprechen.

Wie sie denn auf einen Schlaganfall komme, frage ich die ältere Dame, nachdem ich bereits bei dem Disput mit der jüngeren Dame zwar festgestellt hatte, dass diese höchst auffällig, jedoch auf den ersten Blick nicht neurologisch eingeschränkt erscheint.

Naja ihre Tochter habe ihr am Telefon mitgeteilt, dass sie nicht sprechen könne und auch nicht mehr schreiben und da sie sowas von der Nachbarin kenne, den, diese hatte einen Schlaganfall erlitten, habe sie pflichtbewußt den Notarzt gerufen.
Hmmm... eine Schreibschwäche hatte ich nicht überprüft, aber eine Sprachstörung war beim besten Willen bei der zweiten Dame nicht festzustellen.
Ob sie denn schon unter bekannten Krankheiten leide, frage ich die alte Dame.
Naja, meinte diese, bis auf ihre Angststörung wäre sie bisher noch nicht in Behandlung gewesen. Aber sie wäre ja auch schon seit 5 Jahren nicht mehr beim Arzt gewesen. Und damals wäre alles schief gelaufen, sie habe ganz anders reagiert auf die Medikament als die Ärzte geplant hätten und so hat sie einfach alles weggelassen und hat auch keine weiteren Arztbesuche getätigt.
Was ihre Angststörung beinhalte und wie sie aktuell damit zurechtkomme, ist meine nächste Frage...
Naja sie hätte Angst vor Ärzten und traue sich auch gar nicht mehr vor die Haustüre. Seit 5 Jahren habe sie das Haus nicht mehr verlassen.
Etwas erstaunt frage ich weiter. Wie denn ihr Leben, einschließlich des Hundes, dann überhaupt verlaufen würde, frage ich die ältere Dame.
"Naja", berichtet diese, "mit dem Hund Gassi gehen, Einkaufen und grobe Sauberkeit in der Wohnung und so das machen mein Mann und ich."
Aha, sage ich und wegen Arbeit und so, von was lebe ihre Tochter denn, ist meine nächste Frage.
Na Arbeit habe sie seit 5 Jahren nicht mehr. Harz IV-Empfänger sei sie.
"Dann muss sie nicht auch von Zeit zu Zeit aufs Amt?" frage ich weiter.
Nö, da wäre die Tochter noch nie gewesen, das erledigen ebenfalls sie und ihr Ehemann. Man kenne jemand dort vor Ort.
Ein Blick ins Gesicht meines Kutscher zeigt das mittlerweile fallende Stimmungsbarometer. Ich sehe eine Brille und eine Rechnung vom Optiker.
"Und wie haben sie das mit der Brille gemacht, der muss da doch die Sehstärke ausmessen... "
"Wir haben einfach die alte Brille hingebracht, dass hat ganz gut funktioniert..."erwidert die alte Dame.
Da wundert es mich doch schon, dass es anscheindend im bürokratischen Deutschland möglich ist, komplett alle Ämtergänge zu erledigen ohne dass die betreffende Person anwesend sein muss.
Nun nachdem ich der Dame erklärt habe, dass ich auf keinen Fall unter diesen Umständen einen Schlaganfall oder eine TIA ausschließen kann und aber auch der Meinung bin, dass das ganze hier sowieso nicht so weiter gehen kann, versuche ich erneut mit der Patientin zu reden, um ihr klar zu machen dass ein Arztbesuch nun unaufhaltsam ist. Dabei deute ich bereits an, dass sie eben nun keine Möglichkeit mehr hat, dieses Angebot abzulehnen und nun wählen solle, ob sie freiweillig mitkommt oder ob ich das Sozialgericht einschalten muss. Denn und das wissen viele nicht, es erfordert immer einen richterlichen Bescheid um jemand gegen seinen Willen ins Krankenhaus zu bringen. Noch nicht einmal die Polizei agiert mehr ohne solch einen Beschluss...

Nachdem ich nun alle Optionen meiner Patientin erörtert habe und wir auch mit Engelszungen sowohl der Mutter, als auch der Kutschr auf seine spezifische Art und ich nicht zu ihr vordringen können, muss ich in den sauren Apfel beissen und die "Staatsgewalt" alarmieren. Etwa 30 Minuten später erscheint diese in Gestalt von 2 Beamten in Uniform und dem Amtmann, der nun von mir hören will, warum den "freiheitsentziehende Maßnahmen" angesagt sind. Und jetzt kommt es:
es müssen klare juristische Voraussetzungen vorliegen um diese Maßnahmen zu rechtfertigen. Also, dass unsere Person bereits 5 Jahre lang das Haus nicht mehr verlassen hat und auch sonst eher schlecht mit dem Leben klar kommt, reicht nicht als Grund... Nachdem ich nun aber besagten Schlaganfall nicht wirklich ausschließen kann und damit auch eine Lebensgefahr besteht und die Dame dies auch offensichtlich nicht rational erfassen kann, liegt der Grund zumindest für eine 24h-dauernde Unterbringung zur Diagnostik vor und der Dame wird dies durch die behandschuhten freundlichen Polizisten verdeutlicht. Nach sanftem rhetorischen Nachdruck durch die Herren in grün, läßt sie sich durch die vorhandene Staatsgewalt doch überzeugen und begleitet uns in den RTW.

Während der ca 40 minütigen Fahrt taut sie sogar etwas auf und wir dürfen ihr Stofftier streicheln...In der Neurologie/Psychiatrie angekommen wird die Dame zunächst an die Kollegen übergeben, die sich so gar nicht über meinen Erfolg freuen, dass ich die Dame aus ihrer gewohnten Umgebung herausreiße um sie in die ärztliche Obhut zu übergeben.

Zähneknirrschend müssen aber auch die Kollegen anerkennen, dass ein Schlaganfall zwar nicht wahrscheinlich, aber auch in letzter Instanz nicht auszuschließen ist. Meine Vermutung, dass es sich bei der Symptomatik eher um eine kleine Episode der Angststörung der Patientin handelt wird mit einem Achselzucken abgetan.
Diese hatte mir auf der Fahrt verraten, dass sie einen kleinen Streit mit der Mutter hatte und sie hatte sich deshalb sehr über diese aufgeregt und dann hätte sie bemerkt, dass sie Angst gekriegt hat, dass sie schlechter reden könne und auch schlechter schreiben und dass sie eine schlechte und dumme Tochter sei. Dabei habe sie dann gemerkt, dass sie eben nicht mehr reden und schreiben könne, dann habe sie ihre Mutter angerufen und ihr dies mitgeteilt)


Schade, ich sah eigentlich hier die Möglichkeit, etwas im Leben der Patientin zu verändern und sie vielleicht besser lebensfähig zu machen, jetzt wo sie schon mal beim Arzt ist. Dummerweise habe ich nicht das Gefühl, dass hierzu diese Vorstellung in der Neurologie/Psychiatrie diesmal ausreicht, da die Kollegen nicht so sehr den Enthusiasmus verspürten, die Patientin wieder lebens- und gesellschaftsfähig zu machen. Wahrscheinlich wird der Schlaganfall ausgeschlossen und die Patientin wieder nach Hause entlassen. Bis dann zum nächsten Einsatz in Ihrer Wohnung...

Freitag, 29. Mai 2009

Ein typischer Dienst

Nachts 3.00
Mein Telefon klingelt. Ich versuche mich zuerst zu orientieren. Ah... bin in der Klinik, vor 2 Stunden ins Bett, immerhin. Am Telefon ist ausgerechnet die einzige Schwestern mit der ich nicht so gut zurecht komme. Wir hatten heute schon einen Disput über einen Patienten und den hat sie mir glaube ich übel genommen...
"Eine Kopfplatzwunde" wird mir durch den Hörer an den Kopf geschmettert.
"Aha...der typische Fall. Alkoholisierter Jugendlicher bis junger Erwachsener oder Pflegebdürftige aus dem Heim, gestürzt...mal sehen" denke ich mir, während ich mich langsam in meine Dienstklamotten hineinzwenge. Noch schnell ins Bad Zähneputzen, auch wenn der Patient aus dem Mund riecht (Stichwort alkoholisierter Jugendlicher) muss ich es ja nicht auch noch tun. Schnell noch ne Ladung kaltes Wasser und schon bin ich auf dem Weg in die Notfallambulanz.

Treffer, ersteres ist der Fall. Ein alkohlisierter, gerade-Döner-gefrühstückter Mitt-Zwanziger, leicht schwankend am Anmeldetresen. Die Schwester zu mir:
"Na da haben wir jetzt aber ein Problem, Doktor, der Patient hat gar keine Platzwunde, da hat die Leitstelle mir was Falsches durchgesagt." Supi.
Ich wende mich an den noch dabeistehenden Sani: "Was ist den passiert"
Sani:" Na die Polizei hat mich gerufen, die haben ihn", er zeigt auf den Schwankenden "aufgefunden und stellen ihn jetzt vor, zum Ausschluss einer Verletzung. Angeblich hätte er sich laut seiner Aussage geprügelt, die Polizei glaubt aber, er hat sich beim Stolpern die Zähne rausgeschlagen".
Ich zum Patienten: " Na wo tuts weh?"
*Wolke aus Knoblauch und Alkohol weht mir ins Gesicht*
"Nirgends. Hab nix. Weiss auch net, warum mich die Bullen angehalten haben, ich war schon fast zu Hause, wie komm ich denn jetzt nach Hause?".
Ich: "Na haben sie denn die Polizei informiert oder sind sie einfach so an Ihnen vorbeigefahren?" Patient:"HMRRFFLL" *wendet sich ab und murmelt etwas in den Bart*
Ich:"Was ist den passiert?"
Patient:" Na hier das A*piep* von *piep* hat mir so mir nix ohne was zu sagen eine reingehauen"*zeigt zwei Stifte, wo mal die Schneidezähne waren*
Ich:"Aha und jetzt sind die Zähne weg, tut das weh?"
Patient:"Nöh waren ehh nur Stiftzähne, aber anzeigen will ich die *Piep*.
*wendet sich zum Sani*
Patient:"Du fährst mich doch gleich nach Hause oder?"
Die Schwester *in herrischem Ton*:" Darf ich jetzt zuerst mal die Daten einlesen"
Ich: *händehebend*"Okay, okay"
Derweil der Patient immer wieder: "Mann wie komm ichn jetzt wieder nach Hause, ich muss doch um 6 auf Arbeit."
Die Schwester: "Die Chipkarte bitte; das kostet 10 Euro Praxisgebühr"
Patient *sofort* "Hab ich net mit"
Die Schwester *frostig* "Wirklich kucken sie doch mal in Ihrem Portemonnaie!"
*Patient schaut ungefähr 1/10 Millisekunde ins Kleingeldfach seines Portemonnaies* und sagt:
"Hab nur noch 3 Euro!"
*grinst, sieht eine Schachtel Ferrero Küsschen hinter dem Tresen stehn und kuckt die Schwester mit einem Hundeblick an.*
Patient:" OHH krieg ich nen Ferrerari...*kuckt sie an*sie brauchen das ja ehh nicht...Schwester Evelin...*sucht ihr Namensschild*
Patient: "ich weiß nicht wie sie heißen, aber sie haben ja auch kein Namensschild
*kuckt mich wieder an, grinst...Knoblauch und Alkohol*.

Hier muss man wissen, das besagte Schwester etwas korpulent und auch sehr empfindlich bezüglich dieses Punktes ist. Nur mit größter Anstrengung gelingt es mir ein Grinsen zu vermeiden, der Sani kann schon fast nicht mehr, läßt sich schnell eine Unterschrift auf dem Transportschein geben und haut ab. Ich bilde mir, ein ein Glucksen aus der Richtung zu hören in die er davon eilt, bevor sich die Türe hinter ihm schließt.

Patient " Ähh wie kommichnu nach Hause"
Ich *sachlich* : "Na nun lassen sie uns doch zuerst mal schauen wo sie Ihre Beschwerden haben"
und fange an, ihn mit Fragen bezüglich möglicher Verletzungen zu bombadieren. Nachdem er zwischenzeitlich, zweimal aufs Klo und auch zweimal noch die Schwester um ein "Ferrari" bzw "Ferrerio" angebettelt hat, jedesmal mit mehr Feindseiligkeit in der Blickantwort der Schwester,
habe ich herausgefunden, dass er bis auf die durchaus schädliche Menge an Alkohol in seinem Blut eigentlich keine Beschwerden hat. Auch eine Beeinträchtigung seiner geistigen Fähigkeiten im Sinne einer Unzurechnungsfähigkeit liegt nicht vor. In medizinischen Kreisen spricht man von Orientiertheit zu Ort, Person und Zeit. Also beginne ich vorsichtig zu sondieren.
Ich: "Also mit dem Alkohol, den sie im Blut haben muss ich sie eigentlich mindestens 24h überwachen und dass es im Rahmen der nächsten 48 Stunden wegen des Schlages gegen den Kopf zu einer intracerebralen Blutung kommt kann ich nicht ausschließen, deshalb würde ich Ihnen einen stationären Aufenthalt empfehlen. Verstehen sie was ich sage?"
Patient:"Kannste vergessen Alter, ich muss morgen arbeiten"
Ich:"Aber dann muessen sie mir eine Erklärung unterschreiben, in der sie mich von jeglicher juristischer Verantwortung entbinden, wenn sie jetzt nach Hause gehen."
Patient:"Mach ich, *stolz* hab ich schon ein paar Mal uterschrieben, soen Wisch"
Ich:" Okay, aber ich muss Ihnen mitteilen, dass es auch im Rahmen dieser Verletzungen zu bleibenden Lähmungen oder sogar einem plötzlichen Tod kommen kann."
Patient: "Is mir egal, ich geh nach Hause.Wie komm ichn nach Hause, könnt ihr nicht nochmal den Kutscher rufen, der hat mich ja immerhin auch geholt."
Ich: "Nein tut uns leid, das geht aus versicherungstechnischen Gründen nicht, aber ich kann Ihnen ein Taxi rufen, da muessen sie aber zuzahlen..."
Patient: "Nee, dann lauf ich lieber, sach ma den Hertransport muss ich doch auch bezahlen, da kommt doch so ne Rechungn über 10 Euro irgendwann, oder? Mensch dieser ganze Spass hier kostet mich jetzt schon 20 Euro für nix, warum habtn ihr mich hergeholt? Ich muss meine Kröten schwer verdienen, viel zu schwer um sie Euch in den Rachen zu schmeissen"
Ich:" Wir nehmen die 10 Euro für Ihre Kasse ein, wir haben gar nichts davon."
Patient: " Jaja, das sagen alle"
*zu mir gewandt, zeigt auf die Pralinen:* "krieg ich das Ferrera"
*die Schwester räumt die Pralinen nun schon fast panisch weg*
*Patient zu Schwester*:" Ooch komm! Du brauchst die doch wirklich nicht, du hattest doch heute schon die Meisten, oder nicht?"
*Schwester schnippisch*:"Die gehören mir nicht!"
Patient:*zu mir*"Die lügt doch"
Ich:" Schluss jetzt mit den Spielchen! Bleiben sie jetzt hier oder unterschreiben sie den Zettel?"
Patient:" Na wie lange soll ich den dann hierbleiben?"
Ich:" Vielleicht 2-3 Tage, aber mindestens solange bis sie den Alkohol losgeworden sind!"
Patient:" Nee, Alter geht gar nicht, gib ma her den Dreck"*kritzelt zweimal durchaus lesbar seinen Namen auf den Zettel*" also muss ich jetzt wohl heim laufen, oder was?"
Ich: " Das Angebot mit dem Taxi steht noch"
Patient:" Nee, nee, laßt mal, ich lauf..."
Die Schwester "Und was ist mit den 10 Euro?"
Patient :" Wenn du mir ein Ferrerrro gibst, dann bring ich sie Dir morgen abend vorbei, da biste doch im Dienst oder? So um 3.00, och komm bitte,bitte,bitte."
Die Schwester "Dann schreib ich halt ne Rechung"
*und stürmt wutentbrannt aus dem Zimmer um 2 Minuten später mit einer Bestätigung wiederzukommen*
Schwester:*mit einer Stimme nahe am absoluten Nullpunkt.*"Hier unterschreiben"

Danach machen wir alle Papiere fertig, schiessen noch ein Foto als forensischen Beweis, der Patient nutzt die Situation um noch einmal sein schönstes Lächeln in die Kamera zu grimassieren. Bei Übergabe der Papiere halt ich ihm die Hand hin.
Ich:" Tschüß und alles Gute..."
Der Patient *grinst* und schlägt ein:" Du bist in Ordnung , Alter" lehnt sich zu mir hinüber *wieder Knoblauch und Alkohol* und sagt zur Schwester gerichtet in gespieltem halblauten Flüsterton "Aber ich glaube sie, sie mag mich irgendwie nicht"
Grinst und haut ab.

Mittwoch, 27. Mai 2009

Ein ganz besonderer Dienst

Männertag... Früher war dieses Wort ein Quell unendlicher Freude. Schon Wochen vorher wurde überlegt, wo es denn hingehen könnte. Alle wurden antelefoniert, auch die Jungs, die mittlerweile weggezogen sind. Es wurden fleißig Einladungen verteilt und am Ende hatte man meistens ein nettes kleines Grüppchen gut gelaunter Männer zusammen, die ausgerüstet mit einer unglaublichen Menge Bier und sonstiger Alkoholika, sich warm trinkend in Richtung Bahnhof bewegten, um am Ende wieder die gleiche Route, wie immer zu nehmen...Männertag halt.

Also sagt man sich" An dem Tag haste keine Lust, Dienst zu schieben."
Ist ja klar. In den Jahren hat man so einiges selbst erlebt, vom fast allergischen Schock, bis hin zum gebrochenen Arm und dem Schädelhirntrauma. Nicht zu vergessen die leichte bis schwere Alkoholvergiftung mit oder ohne Bewußtseinsverlust, ohne die man ja ohnehin am Männertag in der Hackordnung wenig aufsteigt.
Also dachte ich mir, machste am Männertag keinen Dienst. So weit so gut. Blöd war nur das ich vergessen hatte auch den Folgetag in der Dienstplanung mit einzubeziehen. Das war nämlich ein Brückentag.

Tja, und was macht jeder vernünftige Mensch am Brückentag? Genau! Urlaub nehmen. Das war die erste Abfahrt, die ich verpaßt hatte. Die Lektion die ich hier lernte war folgende:

"Am Tag nach dem Tag X schlafen alle erstmal den Kater aus und dann beim Aufwachen merken sie, ups, ich hab ein riesen Loch im Bein. Hmmm. Hab ich gar nicht gemerkt gestern...aber heute, heute kann ich damit gar nicht mehr laufen, also geh ich mal zum Arzt."

Und hier kommt der Brückentag ins Spiel. Den haben nämlich meine lieben Kollegen der ambulanten Versorgung wie jeder vernünftige Mensch genutzt, um ihre Praxis zu schließen und das ohnenhin schon geschundene Budget etwas zu schonen.
Das heißt: Weit und breit kaum eine Hausarztpraxis offen und alle ambulant chirurgischen Kollegen hatten natürlich ihre Praxen ebenfalls geschlossen. Nicht jedoch ohne zu vergessen ihre täglich zu behandelnden Patienten in die Notfallambulanz für den Brückentag und das kommende Wochenende zu schicken.
Und so kam es wie es kommen mußte, mein Pieper meldete sich um 07.02 Uhr (Dienstbeginn 7.00) mit den ersten zu versorgenden Patienten von den lieben Kollegen. In meinem Fall waren es zwei wirklich geplagte Patienten mit Anokutanen Fisteln (Kanäle die den Enddarm mit der Haut in der Nähe des Afters verbinden, durch die Darminhalt fast permanent nach außen fliessen läßt) die gespült werden mußten.
Und zum Warmbleiben gesellten sich bereits die ersten "gestern" umgeknickten Füße in die Notfallambulanz, hinzu kamen die üblichen Gips- und Wundkontrollen, die eigentlich jeden Tag mal mehr mal weniger anfallen usw. Dass man immer etwas zu tun hat, ist normal. Der Unterschied heute war nur, das für jeden abgearbeiteten Fall, zwei bis drei neue Patienten kamen. Die Stimmung im Wartezimmer begann äquivalent zur Anzahl freier Stühle zu sinken und schon bald merkte man auch den Schwestern an (die übrigens unsere beste Sensorik bezüglich der Patientenstimmmung sind), das sich ein Volksaufstand ankündigt.

Als dann auch noch gegen 12.00 Uhr bei mittlerweile ca. 10 stehenden Personen im Wartebereich eine Notfalloperation fällig wurde (Loch im Dickdarm, dieses mußte unbedingt versorgt werden, da sonst absolute Lebensgefahr besteht), dachte ich mir: "Biste mal nett und gehst ins Wartezimmer und sagst den lieben Patienten, das es jetzt erstmal 2 Stunden dauert bis wieder etwas passiert. "
(Im absoluten Notfall steht auch mein internistischer Kollege zur Verfügung um die Leute zu behandeln, die leichten Fälle und das sind 90 % müssen allerdings warten, da der Kollege selber viele Patienten behandelt).
Ich also rein ins Wartezimmer und sag noch ganz nett, dass es uns leid tut, aber die Patienten könnten sicher verstehen, dass es absolut dringend ist und sie möchten ja auch wenn sie so krank sind, dass man sie gleich operiert.
Da werd ich von einer Angehörigen mit leicht hysterischem Ton angebellt, was mir denn einfalle... und ihre Verwandte würde bereits im Behandlungsraum sein... und die sei schwer krank und die hätte auch Diabetes und ... naja ich sag zu ihr, sie soll sich doch keine Sorgen machen, da ihre Verwandte doch jetzt bereits in Behandlung ist und die Schwestern passen auf und es kann ja nichts passieren. Dann geh ich ohne etwas zu ahnen in den Op-Saal, wo wir es tatsächlich schaffen das Darmproblem vor der angekündigten Zeit in nur 1,5 Stunden zu beheben.

Nach der OP, aus der mich der Kollege etwas früher entläßt, komme ich mit etwas zerzausten Haaren und einem unglaublichen Hunger, Durst und Harndrang (konnte ich alles bisher noch nicht befriedigen) wieder in die Notfallambulanz. Ich habe schon den Toilettentürgriff in der Hand , da nimmt mich gleich eine Schwester beiseite.
"Du die Verwandte von der Patientin in Zimmer X hat sich über Dich bei der PDL beschwert. Wir haben aber schon alles wieder schön gemacht und sie auf Händen getragen. Sie hat sich schon wieder beruhigt."

Und genau das ist eins der Probleme, die man in dem Job zunehmend bemerkt. Jeder noch so ferne Verwandte, der sich das ganze Jahr überhaupt einen feuchten Kericht um unseren Patienten kümmert, spielt sich im Krankenhaus fast zum Freiheitskämpfer für dessen Interessen auf.
Kennt man ja auch aus der eigenen Familie. Meistens gibts einen der sich kümmert und kein großes Federlesen daraus macht, aber immer gibts auch einen, der den dicken Maxl markiert, den der eigentliche Mensch, um den es geht, aber überhaupt nicht interessiert. Und so kommt es dann auch meistens zu dem was wir heimlich OMW-Syndrom nennen (Opa/Oma Muss Weg), man erfindet einfach irgendetwas, ein Symptom, das der oder die Patientin hat und liefert denjenigen oder diejenige im Krankenhaus ab (Vorzugsweise seit 5 Tagen keinen Stuhlgang, da wissen die Leutchen schon, das man das nicht so ohne weiteres in 5 Minuten klärt). Die werden sich dann schon im Kh um Oma/Opa kümmern. Das ist die Masche derer die sich schon auskennen.
Die Unerfahrenen probieren die soziale Schiene aus: "Also sie sind doch ein Arzt, da muss man den Leuten doch helfen" oder die "unwissende" Schiene "also wir kommen zuhause gar nicht mehr zurecht und wir wissen auch nicht an wen wir uns denn wenden sollen und da muss jetzt was gemacht werden, da haben wir ein Recht darauf (vorzugsweise Freitag abend um 20:30 Uhr)" und auf die Frage ob schon Kontakt bei Pflegeberatung oder Hausarzt gesucht wurde kommt immer ein nein.

Doch zurück zur Geschichte. Ich also nochmal dort rein ins Behandlungszimmer um nachzusehen was los ist. Sitzt da ne ultrafreundliche sehr zufriedene Verwandte, die unser Haus in den höchsten Tönen lobt. Und ich denk noch: "ups falsches Zimmer" aber nein nur Ergebnis von "(entschuldigung) Arschkriecherei". Direkt angesprochen auf die Beschwerde kommt nur:
"Naja ich war nur entsetzt sie waren ja total überfordert, ich meine nicht sie im speziellen, Herr Doktor, sondern die gesamte Abteilung, das hat mir schon Angst gemacht..."
Und dann rennt sie schnurstracks zur PDL (Pflegedienstleitung), die natürlich ankommt und den Schwestern ordentlich Dampf macht mit dem Ergebnis dass sich besonders um die erzürnte "Kundin" gekümmert wird. Das derweil ca 20 andere Patienten warten muessen spielt keine Rolle. Der "Kunde" ist König.
Weiter nachgeforscht ergibt es sich, dass unsere eigentliche Patientin derweil quietschvergnügt auf Ihrer Liege liegt, deftige Scherze macht und sie halt ein bisschen Schmerzen hat im Arm (aber geht schon Herr Doktor, im Krieg und beim Kinderkriegen hab ich schlimmeres erlebt) Auf die Frage hin ob sie den gestürzt sei oder was den passiert sei, erklärt die Patientin durchaus glaubhaft sie habe diese Schmerzen schon öfters und länger, sei aber vor 3 Tagen gestolpert und habe sich dabei mit dem Arm abgestützt während die Tochter mir zu verstehen gibt, das das so zu Hause nicht mehr geht und wir die Patientin unbedingt stationär aufnehmen müssen (Stichwort OMW). Die Patientin hat im übrigen überhaupt keine Lust ins Krankenhaus zu kommen , wer hat das schon, und wird dann erstmal schön bearbeitet.
"Du willst uns doch nicht schon "wieder" Ärger machen. Denk doch mal an X was der alles in der letzten Zeit .... "
Nach entsprechender Konditionierung der Patientin folgt dann die letzte totale Absicherung wiederum an mich,
" Also mit dem Arm kann sie sich zu Hause ja gar nicht helfen und außerdem ist sie dement, sie sehen ja, sie kann das gar nicht einschätzen."
Kommt mir eigentlich nicht so vor, die Patientin scheint eher vernünftig zu sein. Aber bevor die arme Dame dann zuhause alleine sitzt und nicht zurechtkommt oder was noch schlimmer ist sich unsere Verwandte erneut beschwert und man vom Chef dann eine Abmahnung kriegt wegen ungebührlichen Verhaltens...
Tja und was macht man dann? Dann nimmt man eine Patientin stationär auf, auf medizinischer Basis eigentlich nicht begründbar, man nennt das "Soziale Indikation" damit die armen gestressten Verwandten ihr Wochenende schön stressfrei verbringen können oder vielleicht auch ein paar Tage mehr, bei Leuten über 70 ist es ja nicht schwer in der täglichen Routine irgendeine Erkrankung zu finden.
Wäre an diesem Tag weniger los gewesen hätte, ich vielleicht noch versucht zu diskutieren, auf die Verantwortung und das Gewissen zu appelieren aber in dem Fall sagte ich mir, na wir haben noch ein paar Betten frei, auch wenns die Kasse ehh nicht bezahlt, dann nimmste die alte Dame halt stationär auf. Und so kams. Schöner Herrentag!